Ankunft in Howden

Etwas bedrückt, ja, sogar traurig, stand ich am Sonntagmorgen, 04. Februar auf. Es tut schon ein bisschen weh, diesen schönen Ort zu verlassen. Wahrscheinlich werde ich diese Menschen hier nach unserem Abflug nie mehr sehen. Als alle drei Koffer fertig gepackt bereitstanden, holte ich den Staubsauger und reinigte unsere Räumlichkeiten noch ein wenig. Wir vermuteten, dass diese leer stehen werden, bis wieder eine Hochzeit auf dem Berg gefeiert wird. Am Nachmittag wollten wir das Dorffest im Nachbardorf Middleton besuchen. Der Vogelscheuchen-Wettbewerb sollte abgeschlossen, das heisst, die besten Gestalten prämiert werden. Vor allem waren wir auch sehr interessiert, wie hier ein Dorffest abgehalten wird. Als wir uns bei Catherine verabschieden wollten, war niemand zu Hause. So fuhren wir los, egal, dachten wir, am späteren Nachmittag holen wir ja noch unsere Koffer. Doch beim Abfahren kam Catherine zu Fuss von den Cabins empor. Schnell stoppte Felix. Sie hatte Gästewechsel und kam daher vom Reinigen zurück. Sie erzählte uns, dass Fintan erst spät in der Nacht nach Hause kommen werde, denn er war mit seinem Sohn weg. Das war scheinbar auch der Grund dafür, dass das vereinbarte Nachtessen verschoben wurde.

Nach der Verabschiedung fuhren wir nach Middleton, doch von einem Fest war nichts zu sehen. Im Shop erfuhren wir, dass dies bereits gestern stattgefunden hatte. Ja, wir waren wieder einmal einen Tag zu spät. So besuchten wir die beiden Damen im Strohballen-Haus, welche wir zu Jahresbeginn kennen gelernt hatten. Per E-Mail hatte ich ihnen mitgeteilt, dass wir uns auf jeden Fall noch verabschieden werden, bevor wir zurück in die Schweiz reisen. Leider trafen wir nur Barbara an, ihre Freundin war auf dem Festland zu Besuch. Wahrscheinlich war Barbara froh, um diese Abwechslung sie wusste viel zu erzählen. So verbrachten wir eine schöne Zeit zusammen.

Der Toyota ist schon super, wir hatten das ganze Gepäck im Kofferraum verstaut und trafen kurz vor 17.00 Uhr damit in Howden ein. Sehr erfreut und lebhaft kam Jodie uns mit Kindern entgegen, ihre Tochter Eloisa hatte noch Kinderbesuch. Jodie stellte uns ihrem Mann Andrew vor. Danach zeigte sie uns unsere kleine Wohnung, mit separatem Eingang, in ihrem länglichen Haus.

In unserer kleinen Küche können wir das Frühstück selber herrichten. Am Mittag essen wir zumeist kalt, Früchte, Tomaten usw., und am Abend kochen und essen wir alle zusammen in ihrer Küche. Manchmal dürfen wir ihr bei den Vorbereitungen auch etwas helfen dabei. Jodie lebte zuvor schon viele Jahre vegetarisch und seit 1 ½ Jahren vegan. Andrew geniesse manchmal auswärts ein Stückchen Fleisch, wie sie schmunzelnd sagte. Eloisa ist sehr offen, nach dem Nachtessen brachte sie Felix drei Kinderbüchlein zum Mitnehmen. Mir zeigte sie auch ihren Schlafraum mit den unzähligen Tierchen. Ganz spontan und herzlich sagte sie uns etwas später „Gute Nacht“. Felix und ich machten danach einen Spaziergang durch ihren grossen Garten. Andrew meinte: „Ihr könnt nicht verloren gehen, es ist rundherum eingezäunt.“

Es war noch sehr ruhig in Jodies Wohnung, als wir nach dem Frühstück am Montagmorgen nachschauten. Sie erzählte uns etwas später, dass Andrew eine sehr schlechte Nacht hatte. Denn er hatte nur eine Woche zuvor eine Operation. Sie kam flugs mit uns in den Garten, um die gefallenen Äpfel aufzulesen und bei zwei Bäumen lasen wir die bereits reifen Früchte ab. Jodie kann diese in einem Bio-Laden in Kingston verkaufen, (Kredit-Geschäft). Sie zeigte uns auch all die anderen Früchte in ihrem Garten. Die erste Feigenernte ist bereits vorüber, die späteren müssen noch ein wenig wachsen. Wir ernteten ebenfalls die ersten Pflaumen. Meine Lieblingsfrüchte, die Kakis, müssen noch einiges wachsen. Sie sehen im Moment aus wie kleine, grüne Äpfel.

Felix und ich haben danach noch Unkraut gefunden. Und Felix bekam von Andrew eine Lektion, um den „Spielzeug-Traktor mit Schaufel“ zu fahren, so konnte er das Unkraut danach auf einen riesigen Haufen kippen. Ja, Männer bleiben ewig Jungs! Nach einer Pause, duschen und etwas essen, fuhren wir mit Jodie nach Kingston mit den Äpfeln. In einem anderen Geschäft kauften wir ein für Jodies Küche und für unser Frühstück. Mit Früchten deckt sie uns gut ein und Brot gibt sie uns ebenfalls von ihrem Selbstgebackenen. Es war lustig Jodie beim Einkaufen zuzuschauen. Sie hopst und tänzelt umher, wie ein Schul-Mädchen. Wir erfuhren heute, dass sie bereits 48 Jahre alt ist, und noch etwas, dass sie früher in einem Ballett tanzte. Da wundert man sich nicht mehr, wenn man sie beim Kochen oder Einkaufen tänzelnd sieht. Bei ihr ist stets der ganze Körper in Bewegung, von morgens bis abends. Zum Nachtessen zauberte Jodie eine sehr kreativ gemachte und feine Vegan-Lasagne auf den Tisch für uns alle.

Felix auf dem „Spielplatz“

Zuerst konnten wir am Dienstagmorgen die Gänse in die Freiheit lassen und ihnen das „Frühstück“, bringen. Auch die Hühner durften aus dem Stall und auch sie erhielten ein „Zmorge“ und Jodie konnten wir ein hellgrünes Ei bringen. Nachdem wir die Apfelbäume gefunden hatten, und das Fallobst aufgelesen hatten, schlüpften Felix und ich unter den grossen Maulbeerbaum. Natürlich dauerte es nicht lange, bis auch die Gänse unter dem Baum waren und sich über jedes abgefallene Beeren freuten. Nicht nur unsere Hände waren nach dem Pflücken ganz rot, nein, auch die Kleider und, wie könnte es anders sein, auch mein Mund war ganz schön rot gefärbt. Als ich Andrew begegnete, sagte er, es sieht ja aus wie bei einem Horrorfilm.

Heute Abend, nach dem Nachtessen, sassen wir noch ein Weilchen mit Jodie und Andrew am Tisch, so erfuhren wir diesmal etwas mehr über ihren Grossvater. Bei dieser Gelegenheit erzähle ich ein bisschen über die beiden neuen Chefs. Das ist bestimmt interessanter, als stets von unserer Arbeit zu lesen. Als Jodie und Andrew zusammen die Schulbank drückten, zog er jeweils an ihren Zöpfen und Jodie verpetzte ihn immer bei ihrem Lehrer. „Andrew, setze dich zur Strafe zuhinterst hin“! Das war damals die Reaktion des Lehrers. Der kleinen Jodie tat dies dann aber jedes Mal sehr leid. Jetzt haben die beiden zusammen ein schönes Anwesen in Howden, ein Töchterchen und gemeinsam ein Immobilien-Geschäft mit einigen Angestellten. Jodie arbeitet, seit der Geburt von Eloisa, nicht mehr im Geschäft. Sie liebt es im Garten zu arbeiten, Bio-Beeren, Früchte und Gemüse ganz frisch ernten zu können. Schon längere Zeit wussten wir, dass Jodies Grossvater Schweizer war und als junger Mann nach Australien auswanderte. Andrew meinte, Jodie sei ihrem Vater und Grossvater charakterlich sehr ähnlich. Voller Freude und auch mit etwas Wehmut zeigte sie uns ein Bild von ihren Grosseltern, Walter Poppe aus Olten, mit seiner noch kleineren Frau, welche er in Australien kennen gelernt hatte. Die Grossmutter war so klein, dass man nur ihren Hut sehen konnte, wenn sie mit dem Auto fuhr. Walter Poppe hat in der Schweiz Zahnarzt studiert und in Australien machte er später Zahnprothesen. Das fand Jodie als Kind ganz besonders spannend. Jodie schwärmte richtiggehend von ihren Grosseltern. So verbrachten wir einen lustigen und gemütlichen Abend.

Für heute Mittwoch hatte Jodie einen Ausflug geplant. Zusammen fuhren wir nach Hobart, zum „Museum of Old and New Art (Mona)“. https://de.wikipedia.org/wiki/Museum_of_Old_and_New_Art

Beim Parkplatz trafen wir ihre Freundin mit ihrer kleinen Tochter Mathilda, mit der sie verabredet war. Beide Frauen schauten sich vergeblich um nach einem Parkplatz, alles war besetzt. Kurzerhand stieg Jodie aus, stellte ein oranges Absperrhütchen etwas zur Seite und stellte ihr Auto dorthin. Ihrer Freundin hatte sie zuvor ebenfalls einen Parkplatz „vermittelt“. Obwohl sehr viele Museum-Besucher per extra Schiff von Hobart ankommen, sei dieser Parkplatz stets mehr als voll. Auch für Touristen ist dieses Museum etwas ganz Besonderes. Allein nur die Architektur ist schon ein Besuch wert.

Wir sind auch auf Schweizer Kunst-Aussteller gestossen. Wie etwa den „Engpass“ von Roman Signer aus Appenzell, oder „Memorial to Sacred Wind or the Tomb of Kamikaze (1969)“ des berühmten Jean Tinguely.

Das Mittagessen nahmen wir als Picknick beim schönen Museum-Areal ein. Jodie war nicht nur für das Picknick besorgt, nein, sie übernahm auch die Eintrittskosten für uns. Diese Pause war für uns alle eine wunderbare Abwechslung und die beiden Mädchen konnten sich wieder austoben.

Beim Picknick, rechts Jodie unsere Gastgeberin

Lichttunnel

Beton-Transporter

Erst am Abend kamen wir wieder nach Hause. Jodie und Andrew erwarteten ihre beiden Gäste wieder zurück, welche ein verlängertes Wochenende weg gewesen waren. Die beiden, Ferra und Ben, arbeiten ebenfalls hier. Ferra, aus Holland, kam Anfangs Dezember, ebenfalls durch „Workaway“ hierher. Vor Weihnachten folge ihr Freund Ben, aus Deutschland, den sie im Spätherbst in Neuseeland kennen gelernt hatte, nach. Felix und ich bezogen für das junge Paar das Bett im Wohnwagen, der Jodie und Andrew gehört. Die Beiden waren so lieb und hatten uns das Zimmer überlassen. Erst nach 19.00 Uhr kamen sie zurück und wir konnten gemeinsam das Nachtessen einnehmen. Sehr müde, vom anstrengenden Tag im Museum, gingen wir frühzeitig zu Bett.

Der Donnerstag fing mit leichtem Regen an. Alle (ausser wir) sind froh um jeden Regentropfen. Ihre Wasserreserve ist bald einmal ausgeschöpft, im Weiher ist nur noch wenig Wasser. So nutzten wir den regnerischen Morgen und fuhren ganz schnell nach Kingston, um unsere Haare schneiden zu lassen. Das erste Mal in meinem Leben zeige ich mich jetzt mit einem Haarschnitt eines Coiffeurs. Aber ER hat es gut gemacht, zugegeben, ich war schon ein bisschen skeptisch. Als wir nach 1 ½ Std. wieder zurückkamen hatte es fast aufgehört zu regnen. So zogen wir uns rasch um und gingen Äpfel, Zwetschgen und Pflaumen pflücken. Oh, wer ist denn da unter dem Netz beim Maulbeerbaum versteckt? Das ist doch unsere schneeweisse Gans. Nur waren jetzt alle Federn rosarot. Die Gans hatte wunderbare Helfer, drei Vögel sassen im Baum drin und verhalfen dem weissen Federnvieh zu Maulbeeren. Diese Tiere finden doch immer einen Eingang unter das Netz.

Endlich gingen wir zur Gartenarbeit über. Auch hier können wir „roden“, wie schon in Woodbridge. Felix bohrte viele Gräser aus der Erde. Verblühtes wurde entfernt und massenhaft hartnäckiges Unkraut gab es zu entfernen. Jodie beabsichtig in diesem Gartenteil einige Nussbäume zu setzen. So durfte Felix einige Male mit seinem Traktor Unkraut abtransportieren. Am Abend halfen wir Jodie zu dritt beim Kochen, Ferra, Felix und ich, zum Glück ist die Küche gross genug. Der erste Speisekürbis wurde in Schnitze geschnitten und im Ofen gebacken. Zurzeit gibt es auch viele Gerichte mit Zucchini und Tomaten.

Der Freitagmorgen war besonders den Beeren gewidmet. Zusammen mit Ferra pflückten wir Maulbeeren, worüber sich all die Gänse besonders freuten. Sie putzen danach rund um den Baum fein säuberlich auf. Übrigens, die Maulbeeren sehen gleich aus wie Brombeeren, nur wachsen sie an einem Baum und sie sind etwas weicher und süsser. Auch die Brombeeren, Erdbeeren (zweite Ernte) und Heidelbeeren ernteten wir. Wobei die Heidelbeer-Ernte bald vorüber ist, was mich sehr erstaunt. Es war eigentlich ein ganz gewöhnlicher Tag mit einer rosarot-gefärbten weissen Gans und zwei eifersüchtigen Hündchen. Aber morgen soll es bei uns Zuwachs geben.

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4 Antworten auf „Ankunft in Howden“

  1. Hallo ihr 2 fleissigen Abenteurer,
    Wir freuen uns für euch und mit euch, dass ihr’s wieder gut getroffen habt und euch so voll im Naturgarten nützlich machen könnt. Eine doch sinnvollere Arbeit als bei mir damals im Heilsarmeeladen und im Pneu/Landmaschinenshop bei Brisbane.
    Wir hätten auch am See gerne noch etwas Schnee und nicht Nebel bis auf 1500m rauf. Liebe Grüsse, Annemarie und Otto

  2. Hallo zusammen
    schön, dass ihr es wieder gut getroffen habt. Bin schon ganz gespannt auf den angekündigten Nachwuchs. Und Alice
    wie wäre es als Autorin? Du schreibst einfach spannend,
    man glaubt direkt bei euch zu sein.
    bis bald
    Liebe Grüsse aus dem Schneegestöber (hat gerade angefangen zu flöckeln)

  3. Hallo Alice und Felix in der Ferne

    Ich freue mich immer auf eure Beiträge. So spannend, so informativ, toll bebildert ……….. fortwährend.
    Diesmal habe ich nicht nur gestaunt, sondern auch geschmunzelt. Da warteten wir doch mal an einem Freitag auf ein nettes Paar aus dem Thurgau, das dann am Samstag eintraf – was auch kein Unglück war. Jedenfalls nicht für uns, im Gegenteil.

    Staunen tue ich u.A. über die Tasmanier. Das heisst, ich gehe davon aus, dass es eher tasmanisch und weniger schweizerisch ist, wenn der Gastgeber an einem Sonntag beim Abholen der Gäste aussieht als käme er direkt von einer Baustelle – und am Schluss des Aufenthalts das versprochene Abschiedsessen kurzfristig auf später verschiebt, am Abschiedstag gerade anderswo tätig ist …. Wie gut, wenn man da offen und tolerant ist, alles etwas locker hinnimmt und nicht gleich hinterfragt. Ihr wisst ja unterdessen, Fintan wird sich noch zeigen, man kann sich trotzallem auf ihn verlassen, sogar angenehme Überraschungen liegen immer wieder drin. Andere Länder, andere Sitten. Es ist ja genau das, was man sehen und erleben will. Ich bin mir sicher, schon heute steht fest, euer Mut die Welt auf diese Weise (Arbeit und Vergnügen) zu entdecken hat sich mehr als gelohnt – für alle.

    Ich sage bis zum nächstenmal, macht weiter so!

    Ein herzlicher Gruss aus dem eher trüben Emmental

  4. Schön, dass es euch auch in Howden wieder gut geht, so ich euerm Bericht entnehmen kann. Danke Alice, es ist immer spannend zu lesen, was ihr so erlebt. Das nicht zu Hause sein um sich zu verabschieden oder jemanden andern besucht, zeugt einfach, dass man Gebräuche und Sitten in einer anderen Kultur akzeptieren muss. Das macht ihr ja wunderbar.
    Der neue Wohnort kommt euch sehr entgegen, da ihr die Früchte ernten und gleich essen könnt. Muss ja ein ziemlich grosser Betrieb sein, da es noch mehr Helfer gibt. Ich hoffe ihr könnt von da aus auch die Gegend kennen lernen an euern freien Tagen und natürlich wandern.
    Habe gar nicht auf deinen letzten Bericht geantwortet, war mit ausheilen der Grippe beschäftigt, d.h. habe eigentlich nichts gemacht.
    Wir sind den ganzen Monat März in South Africa und werde somit
    deine Berichte später lesen. Lasst es euch gut gehen und take care. We’ll talk to you later maybe your home already in April?
    with our love trix&fredy

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