Ruhe vor dem Sturm

Schon früh am Sonntagmorgen, 09.12. brachte Wendy mir eine weisse Tischdecke, um den aufgelösten Saum rundherum wieder zu nähen. Mein Gott, das Nähzeug, das sie mir etwas später dazulegte, ist für diese Arbeit echt nicht zu gebrauchen. Eine Spule  schwarzen Faden und ein paar Röllchen weissen Gummifaden! Habe es ihr kurz danach mitgeteilt, scheinbar sind ihre Augen auch nicht mehr so gut. Während sie mit den neuen Helfer ein Ferienhaus reinigen ging, um sie einzuarbeiten, anvertraute sie mir die Reinigung des Büros. Felix machte unterdessen Ordnung im Materialraum. Übrigens, die beiden jungen Menschen, welche gestern erst hier ankamen, leben Vegan. Somit waren wir beim Nachtessen 5 Vegetarier/Veganer, von insgesamt 9 Gästen. Allgemein gesehen merkt man in Australien nichts vom Sonntag, man hört Rasenmäher, jeder wirkt zu Hause was sein muss, oder worauf man Lust hat. Zum Mittagessen gab es bei uns Bratkartoffeln, Blumenkohl und eine grosse Schüssel gemischten Salat. Georg gesellte sich sehr gerne dazu. Es ist schön, dass er überhaupt nicht heikel ist. Kürzlich gab es an unserem Gemeinschaftstisch Polenta mit einer gemischten Gemüsesauce. Georg hatte keine Ahnung was Polenta ist, aber er ass mit und beurteilte das Essen als sehr gut.

Nach einer unruhigen Nacht erwachten wir am Montagmorgen, 10.12. wie gewohnt, auch ohne Wecker, ziemlich früh. Immer noch prasselte der Regen sehr heftig auf die Palmblätter nieder. Als ich hinaus schaute, sah ich ein grosses Palmenblatt auf dem kleinen Vordach, direkt unter unserem Fenster. Dieses Blatt war also schuld daran, dass ich in der Nacht aus dem Schlaf aufschreckte. Als wir beim Frühstück sassen, diesmal ohne Kaffee, sahen wir Wendy mit einem Kontrollblick durch den Garten gehen. Wir sassen im Halbdunkel, denn wir hatten keinen Strom. Deshalb gab es auch keinen Kaffee und kein Toastbrot. Wir gaben uns mit einem frischen Orangensaft und einem Birchermüesli zufrieden. Ohne Strom waren wir schon ein bisschen aufgeschmissen, wir konnten heute Morgen deshalb nicht waschen und bügeln. Die einzige Arbeit die wir erledigen konnten, war: Ausschuss-Badetücher zu Putzlappen schneiden. Erst kurz vor 15.00 Uhr, nach ca. 12 Sunden, erhielten wir den Strom wieder zurück.

Am Dienstagmorgen, 11.12. haben wir uns beinahe verschlafen, kein Wunder, auch diese Nacht war wetterbedingt wieder ziemlich unruhig. Beim Frühstück setzte sich Georg zu uns. (Übrigens, auf dem neusten Arbeits-Wochenplan ist er nicht mehr aufgeführt.) Er erzählte uns, dass er heute eine Verabredung habe, denn er suche einen anderen Platz. „Wendy schmeisst niemanden raus, auch wenn er nur zwei Stunden arbeitet“, sagte er lächelnd. Felix und ich kamen ganz schön voran mit der Wäsche. Es macht uns jetzt richtig Spass. Ganz allein mangte er alles, legte unzählige Badetücher und weitere Frotteewäsche zusammen. Ich schaute nur, dass die Maschinen stets beschäftigt waren. So kam ich sogar dazu von Hand den Tischtuchsaum, wenigstens eine Seite, gut 2 m,  zu nähen. Das war gar nicht so einfach, mit stumpfen Nähnadeln (obwohl sie neu sind) braucht es viel Kraft, um den Stoff zu durchstechen. Schon bald holte ich meine eigene Nähnadel, damit ging es bedeutend besser. Am Schluss kamen wir sogar noch dazu die Wäschesäcke, welche bis anhin nur unter den Tisch geworfen wurden, etwas zu ordnen.

Am Nachmittag als Georg zurückkam fragte Felix: „Bist du glücklich?“ …was er dann aber verneinte. Am Abend fragte er, ob er von seinem Geld $ 50.- zurück haben könnte. „Ich gehe nicht ins Casino damit, ich möchte morgen einen zusammenklappbaren Hocker kaufen für meine Auftritte am Sonntag.“ Letzten Sonntag konnte er ja nicht auftreten, da es den ganzen Tag geregnet hat. Gestern habe er sich mit seinen letzten fünf Dollar ein T-Shirt gekauft, erzählte er weiter.

Der Mittwoch, 12.12. fing ganz ruhig an. Unser Zimmer ist direkt über dem Wäsche und Bügelraum. Deshalb fragte uns unsere Tochter: „Verleitet es nicht dazu, bereits vor dem Frühstück schon mit Waschen zu beginnen, bei einem so kurzen Arbeitsweg?“ Das stimmt durchaus. Heute Morgen habe ich alle vier Waschmaschinen mit Schmutzwäsche gefüttert, bevor wir frühstückten. Noch nicht ganz fertig mit Kaffeetrinken, stand Wendy aufgeregt an der Türe: „Könnt ihr heute bitte in der Villa nebenan beim Reinemachen helfen? Dort sieht es ja schrecklich aus. Der Sturm hat nicht nur den Garten verwüstet, sondern auch den riesigen Sitzplatz. Ebenfalls in die Wohnung hat der Wind einiges geblasen und bereits um 11 Uhr wird der Eigentümer kommen.“ So blieb unsere Wäsche eben in der Maschine liegen, bis wir wieder zurückkamen. Der Besitzer kam ganz pünktlich an, (wir Alle komplett verschwitzt) als wir dabei waren, alle Putzmaterialien im Auto zu verstauen. Obwohl es die Australier sonst absolut nicht ernst nehmen mit der Pünktlichkeit.

Am Donnerstag, 13.12., schon bald nach dem Frühstück, brachte Wendy verschiedene zusätzliche Arbeiten für uns/mich. Mit dieser Arbeit konnte ich Felix nun wirklich nicht begeistern. Ein mehrfach zerrissenes Moskito-Netz, wie auch einen  zerfetzten Tüllvorhang „durfte“ ich flicken. Sehe ich eigentlich so aus, als würde ich gerne (solch unsinnige Sachen) flicken? ;-)) Es gibt immer allerhand fleckige Wäsche. Die von Felix mit Zitronensaft behandelten Rost-Flecken bei der Frotteewäsche sind weg, was für ein schöner Erfolg. Auch die beiden Gartenkissen-Bezüge welche ich mit Vanish-Fleckenmittel eingelegt hatte, sehen fast aus wie neu. Genug gearbeitet. Am Feierabend machten wir einen Spaziergang zur Flussmündung, in der Hoffnung dort einem Krokodil zu begegnen. Die jungen Französinnen hatten kürzlich mehr Glück gehabt. Draussen im Meer war ein grosses Schiff zu sehen, es war ziemlich weit weg. Wir vermuteten, dass es ein Kreuzfahrtschiff sein könnte, was durch das Foto auch bestätigt wurde.

Da ging ein Fischer mit seinem Sohn über die grossen Steinbrocken hinunter zum Wasser, er brachte eine Art Korb-Netz hinauf und irgendetwas bewegte sich da drinnen. Wir gingen in die Nähe, um diesen Fang zu begutachten. Auch seine Frau und die Tochter kamen herbei. Drei Krebse hatten sie gefangen, einer davon war riesig gross und noch grösser des Fischers Freude. Die Frau fragte uns ob wir Krebse auch gerne essen. „Oh, nein, wir sind Vegetarier“, war meine Antwort und sie musste lachen. Diese Familie kam von der Westküste Australiens, aus Perth.

Freitagmorgen, 14.12. im Zimmer neben uns hörten wir schon ziemlich früh Gisel, unsere neue Mitbewohnerin, die spät am Abend zuvor eingezogen ist. Sie kommt aus Chile und wird während drei Monaten hier arbeiten. Heute schafften wir es nicht nach Feierabend auf einen längeren Spaziergang, die Mücken waren so angriffslustig, dass wir es absolut nicht lustig fanden und bald umkehrten. Die erste Zeit hatten wir nie Mücken, erst seit ein paar Tagen. Seit dem Regen, lassen uns diese Tierchen keine Ruhe mehr. Und es soll noch weitere Niederschläge geben, deswegen sind sie vielleicht so wild.

Heute Samstag, 15.12. ist wieder unser freier Tag, und wieder hatten wir Pech. Denn wir wollten, zusammen mit den beiden Chilenen, etwas unternehmen. Da für unsere Gegend heftiger Regen vorausgesagt wurde, war es nicht einfach etwas zu planen. Die Einen sprachen sogar von einem Sturm (Cyclon), der uns stärker treffen sollte, als letzten Sonntag. Andere wiederum meinten, es käme kein Sturm, der verschiebe sich etwas mehr in südliche Richtung. So entschieden wir uns nur nach Port Douglas zu fahren, die Kollegen zum Mittagessen und wir zum Einkaufen. Schon bald fing es an zu regnen, ein warmer Regen. Wir konnten uns wunderbar von einer Überdachung zur anderen retten. Als kleines „Trösterli“ gönnten wir uns eine Glace, übrigens meine erste hier. Beim heutigen Mitarbeiter-Nachtessen werden wir nur acht Gäste sein. Das ist sozusagen die Ruhe vor dem Sturm.

(Visited 102 times, 1 visits today)

6 Antworten auf „Ruhe vor dem Sturm“

  1. Sehr verlockend, das letzte Bild.
    Felix wie wäre es mit einem Nähkurs vor der nächsten Abenteuerreise? ;-)))
    Wäre alles einfach und leicht, es gäbe keine nachhaltigen Erinnerungen………………….
    Interessant und unterhaltsam auch dieser Bericht. Danke.

    Liebe Grüsse
    Anita + Paul

  2. Was ihr nicht alles erlebt Tag für Tag! Unsere Freunde in Brisbane warten sehnlich auf den angekündigten Regen, auch wenn es ein Zyklon zu sein scheint.
    Wir hatten es gut in GC, angenehme Sonne, Otto viel Sport, alle Ruhe am Pool, gutes Essen und Animationen abends. Leider konnte und kann Annemarie kaum Treppen steigen, Spritze am 1.Tag zu Hause wirkte nur kurz ein MRI kann erst in 3 Tagen erfolgen, da alles ausgebucht. Kalt, auch tagsüber um 0 Grad.
    Nehmts ruhig und habts gut. Schönen Sonntag und gute neue Woche. A&O

  3. Hi Alice and Felix
    Every day a surprise, so you never get bored. Hope the cyclone did not hit your aera too hard and your safe. Are you gonna be finished with the table linen until Christmas, I might be you Christmas present from you host. Thanks Alice for your very interesting articles and the accurate and detailed description of your experiences. I’m always looking forward to you next adventures.
    WE hope you can enjoy a really Aussie Christmas with all the jingle, glitter and glamor, hopefully with Christmas Songs at the beach. We always loved the beach Christmases, so Special the hot and warm weather..
    We wish you a good new year filled with love, Peace and happiness. Take care and with Season greetings trix&fredy

  4. Liebe Alice , lieber Felix ,

    Ich wünsche Euch gesegnete Weihnachten
    und einen guten Start in das Jahr 2019 ♥
    Sind bis Anfang Januar unterwegs und freue mich dann auch weitere spannende Geschichten und Bilder von Euch !

    Liebe Grüße aus dem Taunus , Inge

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert