Tage über den Jahreswechsel

Am Sonntag, 30.12. begegnete mir schon früh am Morgen eine Kakerlake,  sie hatte sich scheinbar in der vergangenen, ziemlich stürmischen, Nacht in die Wäscherei in Sicherheit gebracht. Mit einem Besen beförderte ich diesen Käfer in die Freiheit. Danach fütterte ich die erste Waschmaschine. In einem Wäschekorb hatte es ein paar Badetücher, die restliche Schmutzwäsche war noch in den Säcken verstaut. Oh, wer sitzt denn da so gemütlich auf den Badetüchern? Ein brauner Frosch. Schnell transportierte ich den Hüpfer auf der Wäsche hinaus auf den Kiesweg. Doch er war ziemlich hartnäckig. Als ich ihn von der Wäsche wegschütteln wollte, durch Rüttelbewegungen des Korbes, blieb er unverdrossen einfach sitzen. Ich musste ihn zuerst ganz lieb bitten, die Wäsche doch zu verlassen. Das alles bereits vor dem Frühstück. Im Laufe des Morgens regnete es nochmals so heftig, wie in der vergangenen Nacht. Kein Auge hatte ich zugetan, drei Bösewichte raubten mir den Schlaf: die tobenden Wellen, der Sturm und der Regen. Bereits gestern Abend hatten wir in der WG angekündigt, dass wir heute für uns  Pellkartoffeln machen werden, da wir noch Hüttenkäse im Kühlschrank hatten, den wir gerne dazu essen möchten. Die beiden Veganer essen ja keinen Hüttenkäse und die andern beiden mögen zwischendurch auch gerne mal wieder Fleisch und nicht stets vegane Mahlzeiten. Was für eine Enttäuschung, als ich nach unserer Arbeit die Kartoffeln kochen ging, fand ich den Hüttenkäse nicht mehr. Ich erinnerte mich genau, dass dieser Frischkäse heute Morgen noch da gewesen war. Alle Mitbewohner wussten von nichts. Dann fand ich den Frischkäse (originalverpackt, Ablaufdatum 03.01.19) obenauf im Kehrichteimer in der Küche. Wie es aussah, hatte ein Mitbewohner ein bisschen davon probiert. Das ist ja durchaus in Ordnung, denn der Inhalt dieses Kühlschrankes ist ja für alle. (Möglicherweise hatte dieser Frischkäse ihr/ihm nicht geschmeckt, deshalb landete er im Eimer.) Aber so etwas dürfte nicht vorkommen. Felix war dermassen verärgert darüber, dass er einen Puls von mindestens 150 hatte! Nicht alle Menschen erfahren dieselbe Erziehung, aber für uns gehören Esswaren nicht in den Kehricht.

Beim Frühstück am Montagmorgen, 31.12.2018 erhielten wir Besuch. Und was für einer, nein nicht etwa Wendy. Es spazierte doch tatsächlich eine Kakerlake frisch fröhlich über unseren Esstisch, als würde sie zu uns gehören. Die wurde aber ganz schnell aus dem Haus geschickt, per A-Post sozusagen. Um die Mittagszeit, als das Reinigungsteam zurückkam, machten sie uns den Vorschlag am Abend gemeinsam bei ihnen, das heisst im andern Helfer-Haus, zusammen ein Nachtessen einzunehmen. Ich erzählte ihnen, dass Felix und ich sowieso vorhätten für unsere WG ein Nachtessen zuzubereiten. Nach kurzer Überlegung was wir für Möglichkeiten haben, sagte ich spontan: „Ist das gut wenn wir wie geplant einen Teigwaren-Gratin mit Butternuss-Kürbis und Pinienkernen machen? Da dies aber nicht reichen wird, könnten wir noch ein Gärtnerinnen-Reis kochen mit Karotten und Broccoli, würde euch das passen?“ Die beiden Chilenen waren sofort begeistert und meinten: „Dann machen wir noch einen Mango-Salat dazu und für die drei Fleischesser ebenfalls noch etwas.“ Auch Kirstin, die neue Hilfe aus Schweden, lächelte zufrieden bei dieser blitzartigen Vereinbarung, übrigens ist auch sie Vegetarierin. Wendy brachte uns die Pinien-Kernen, per WhatsApp hatte ich sie schon zuvor angefragt und darum gebeten. Es klappte alles wunderbar, die Chilenen hatten sogar noch Glace eingekauft. Bevor wir den Backofen beanspruchten, buk Sabina noch schnell vegane Muffins. Wir waren insgesamt neun (6 Vegan/Vegetarier und nur für 3 mit Fleisch.), zwei aus der andern WG hatten es vorgezogen den Abend in Cairns zu verbringen.

Zum Jahresbeginn, Dienstag, 01.01.2019 konnte ich Wendy das dritte geflickte Tischtuch zurückgeben, ich habe übrigens jetzt bereits das vierte an der Arbeit. Wo sie diese auch stets hernimmt? Das ist sozusagen eine Zwischenarbeit, wie wir früher in der Arbeitsschule hatten. Wenn all die Maschinen laufen, kann ich wieder nähen oder Felix beim Leintücher Zusammenlegen helfen. Die ganze Bügelarbeit der Leintücher und Kopfkissen, wie auch das Zusammenlegen der gesamten Frottee-Wäsche und Küchentücher das besorgt Felix ganz allein. Nebenbei hantiere ich auch mit Javel-Wasser, Zitronensaft u. Salz oder mit Vanish, je nach Flecken. Am Nachmittag machten wir einen längeren Spaziergang. Aus verschieden Gärten konnten wir an diesem Neujahrstag Rasenmäher-Lärm hören, das kannten wir ja bereits aus Tasmanien. Die vielen Sträucher und Bäume, welche überall in den Gärten in unterschiedlichsten Farben blühen, gefielen mir wesentlich besser. Ein Strauch duftete zudem so wunderbar.

Am Mittwochmorgen, 02. 01. wurden wir von einem riesigen Wäschestapel auf unserem Arbeitstisch willkommen geheissen, auch vier gehäufte Wäschekörbe warteten auf uns. Natürlich, gestern Nachmittag liessen wir die Maschinen auch nach Feierabend noch laufen, leerten die Trockner und füllten sie erneut ein und alles kippten wir einfach nur noch auf den Tisch. Felix war allein in der Wäscherei, als es an die Hintertüre klopfte. Es war Wendy, sie verlangte von ihm den Schlüssel der Villa nebenan, welcher in der Wäscherei an einem Schlüsselbrett hängt. Dann erzählte sie Felix, dass wir diese Woche nicht nur am Samstag frei hätten, sondern selbstverständlich auch am Sonntag, da wir am Montag abreisen werden. Beim Waschen schaute mir heute stets einer zu, es war diesmal ein junger Baum-Frosch. Während mehreren Stunden haftete er an einer daneben stehenden Leiter. Charlene berichtete, dass wir Menschen sozusagen giftig sind für diese Frösche. Wenn wir ihn berühren würden mit den Händen müsste er sterben, wegen dem Fett auf unserer Haut, fast unglaublich.

Zum Nachtessen machten wir, auf Wunsch von Georg, eine Rösti. Dazu verschiedene Gemüse und noch eine Platte voll Bratkartoffeln. Das Kochen wird hier oft zu einer richtigen Herausforderung. Erstens funktionieren von unserem 4er Heizschlangen-Herd nur 2 Schlangen. Auch die Pfannen sind unmöglich, ohne passenden Deckel, mit wackeligem Griff, oder stark bombiertem Boden. Heute machten wir zum Beispiel zuerst die Bratkartoffeln und das Gemüse, beide Platten stellten wir in den warmen Ofen. So konnten wir auf der kleinen Heizschlange, die grösste ist ja defekt, in der grossen bombierten Bratpfanne die Rösti braten. Egal, Hauptsache es hat allen geschmeckt. Sabina war sehr begeistert, das sei das erste Mal, dass sie frische Rösti esse. Sie wollte wissen wie die gemacht wird. Auch Gissel genoss unser Nachtessen sehr. Georg verlangte heute von uns das Geld zurück, welches er uns zur Aufbewahrung anvertraut hatte. Beim Nachtessen verkündete er, dass er ebenfalls am Montag abreise, er wirkte sehr deprimiert. „Alle bekommen einen zusätzlichen freien Tag, nur ich nicht“, klagte er. Er hatte schon mehrmals ein Abreise-Datum verkündet, blieb dann aber doch. Hier hat er ein Dach über dem Kopf, sogar ein Einzelzimmer und,  was für ihn noch wichtiger ist, stets viele feine Esswaren.

Beim Frühstück am Donnerstag, 03.01. waren wir ganz allein, die WG-Kollegen mussten etwas später mit ihrer Arbeit beginnen. Die Gäste verlassen die Häuser jeweils erst um zehn Uhr, deshalb ist der Arbeitsbeginn oft erst um halb zehn oder zehn Uhr, je nach Arbeitsweg. Da haben wir es schon gut in der Wäscherei, wir sind eigenständig. Offiziell ist unser Arbeitsbeginn stets um neun Uhr, die Maschinen werden jedoch vor dem Frühstück gefüttert. Nach dem Frühstück ist bereits die erste Wäsche in drei Tumblern trocken, denn am Abend zuvor werden drei Waschmaschinen von uns programmiert und als erstes am Morgen in den Trockner gegeben. So läuft das bei uns. Heute hat uns Hans besucht in der Wäscherei. Er wünschte uns noch ein gutes neues Jahr und meinte: „Wir werden euch sehr vermissen, das sieht hier ja so schön aus, als wäre es ein Ausstellungsraum.“ Dann fragte er uns nach der Abflugzeit am Montag, denn er wird uns nach Cairns zum Flughafen bringen. Hans ist immer sehr nett und freundschaftlich. Nach unserer Arbeit machten wir wieder einen gemütlichen Spaziergang. Nach einigen etwas stürmischen, regnerischen Tagen erlebten wir heute wieder sehr schönes Sommerwetter mit 33 Grad. Der Flammenbaum ist jetzt nach ca. sechs Wochen Blütezeit ziemlich verwelkt. Dafür hängen riesige Bohnen, (ungefähr 50 cm lang) herunter.

Am Wegesrand trafen wir auf zwei Aborigines Frauen (Ureinwohner Australiens) welche etwas sammelten. Wir gingen etwas näher und ich fragte die Frau, was sie sammelt, denn ich konnte es nicht richtig sehen. Diese Samen, war ihre Antwort, und sie zeigte uns diese herzigen, nur erbsengrossen roten Samen, welche von einem Baum herunterfallen. „Was machen Sie mit diesen vielen Samen?“ Fragte ich sie. „Halsketten“, antwortete sie ganz nett und machte dazu eine entsprechende Handbewegung. Dann durfte ich diese Frau sogar fotografieren. Beim Verabschieden bedankten wir uns sehr.

Etwas weiter vorne, beim Spielplatz, war ein Mann im grossen Sandkasten mit einem speziellen Gerät. Wir konnten es nicht lassen und traten zu ihm hin. Er erklärte uns, dass er damit Münzen oder auch andere Metalle suchen kann. (das hatten wir im Thurgau auch schon gesehen.) Auf seinem kleinen Display gibt es je nach Material eine entsprechende Nummer an,  das demonstrierte er uns. Seine Frau komme ebenfalls aus der Schweiz, berichtete er. Als wir beim Nachtessenkochen waren, brachte Wendy uns mehrere Taschen Lebensmittel. Bis am Montag werden wir also nicht hungern müssen. ;-))

Immer wieder erhaschten wir einen Blick zum Meer.

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4 Antworten auf „Tage über den Jahreswechsel“

  1. Lieber Alice, lieber Felix
    wir verfolgen gespannt eure Tage in Australien und hoffen, die Weiterreise bringe weitere schöne Begegnungen und Erlebnisse! Macht’s so gut wie bisher 🙂
    Vielen Dank für euer Kondolenzmail.

  2. Unsere Lieben,
    Was ihr nicht alles erlebt und geduldig richtet und erledigt! Und wie spannend du, Alice, uns das schilderst!
    Wir fragen uns besorgt, wie es nach eurem Auszug weitergeht und wohl bald wieder aussieht am verlassenen Ort. Eine neue Küche (oder zumindest Herd) wär das mindste.
    Wir hatten einen einzigen Tag (Neujahr) Sonne in Lenzerheide mit RIESENansturm von Gästen, aber bald wieder Kälte und Schneetreiben am 2., beim LL und – 10 Grad froren mir bös die Finger. Samstag gibts ein wenig Schnee hier.
    Schönes Wochenende, gute Reise und guten Start am neuen Ort. A&O

  3. Liebe Alice , lieber Felix ,
    Es ist ja wieder eine interessante Reise mit wunderbaren Bilder und Berichten , aber recht viel Arbeit gibt es auch………
    Auch vielen Dank für die lieben Wünsche zu den Feiertagen !
    Wir waren auch im Urlaub und im Anschluss noch ein paar Tage am Bodensee…
    Nun wünsche ich Euch ein gutes und gesundes neues Jahr 2019…
    und weiter wunderbare Erlebnisse ! Herzliche Grüße aus dem Taunus Inge und Siegfried ♥

  4. Liebe Alice, wie ich sehe hast Du auch trotz gewissen Unanehmlichkeiten Deinen Humor nicht verloren. Dein Essen sieht prima aus. So vielseitig und abwechslungsreich.
    Nun wünsche ich Euch etwas verspätet alles gute fürs 2019! Weiterhin einen tollen Aufenthalt im wunderschönen Australien.
    herzliche Grüsse, Brigitte

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